Wie feiern die Deutschen, Mickie Krause?

Wenn einer weiß, wie die Deutschen die Sau richtig raus lassen, dann Mallorca-Star Mickie Krause. Wir haben mit ihm gesprochen. Mickie Krause erklärt, warum die deutschen Weltmeister im Feiern sind, wo es regionale Unterschiede gibt und warum er seine Probleme mit der neuen Konkurrenz aus Sendungen wie Dschungel-Camp und Co. hat.

Wie feiern die Deutschen, Herr Krause?

Die Deutschen feiern viel ausgelassener als andere Nationen. Das spüre ich bei meinen Auftritten in Österreich oder Holland ganz deutlich. Da sind die Leute viel zurückhaltender. Besonders im Kollektiv sind die Deutschen die Meister beim Feiern, wie zum Beispiel bei der Weltmeisterschaft 2006 – das hat man uns so nicht zugetraut. Ich stelle immer wieder fest, dass die Deutschen neben ihrer 40 Stunden Arbeitswoche auch mal die Sau rauslassen wollen. Bei Partymusik wie ich sie mache kommt das Publikum gut gelaunt und ganz entspannt zu einer Party und will einfach unterhalten werden.

Und wie ist das im Urlaub – also auf Mallorca?

Das gilt natürlich auch für Mallorca. Im Urlaub kann man einfach mal den Kopf ausschalten, die Sorge um Job und Kohle zu Hause lassen und das gute Wetter genießen. Außerdem gibt es die Partymeile Ballermann kein zweites Mal. Die Holländer und Engländer feiern auch auf der Insel – aber nicht so ausgelassen wie die Deutschen am Ballermann.

Wenn wir uns die Deutschen mal genauer anschauen: Gibt es Unterschiede zwischen der Feierkultur im Westen und im Osten?

Der Westen feiert auf jeden Fall anders als der Osten. Was zum Beispiel auffällig ist: Der Osten hängt immer etwas hinterher. Wenn ich einen neuen Song veröffentliche, dauert es immer ein halbes Jahr länger, bis er auch dort angekommen ist. Vielleicht liegt es daran, dass der Osten verstärkt nach Bulgarien fährt, also nicht diesen typischen Partyurlaub am Ballermann macht. Denn häufig läuft es so ab, dass die Leute einen Song auf Mallorca hören und ihn anschließend zu Hause verbreiten.

Gibt es noch andere regionale Unterschiede außer denen zwischen Ost und West?

Es gibt auch ein Nord-Süd-Gefälle. Es kursiert ja immer das Gerücht, dass die Bremer oder auch die Leute aus dem Münsterland zum Lachen in den Keller gehen. Das kann ich definitiv nicht bestätigen! Der Süden tut sich da sicherlich schwerer. Im Süden war ich lange überhaupt nicht gebucht. Vielleicht liegt es daran, dass die Menschen im Großraum München ein bisschen schicki micki und zu fein sind für Partymusik. Das ist jetzt sehr pauschal formuliert, aber vielleicht ist es wirklich so. Die Regionen in Bayern lassen sich einfach nicht mit Städten wie Hamburg oder Berlin vergleichen. Ich merke aber auch, dass der Süden in den letzten ein, zwei Jahren bei Titeln wie „Schatzi schenk mir ein Foto“ oder „Nur noch Schuhe an“ schon lockerer geworden ist.

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an „typisch deutsch“ denken?

Typisch deutsch ist für mich Pflichtbewusstsein. Aus diesem Grund sind wir auch im internationalen Vergleich so erfolgreich. Die Deutschen sind sehr diszipliniert und lieben Ordnung. Das spiegelt sich auch in unseren Großstädten wider. Berlin ist im Vergleich zu Palma eine sehr ordentliche Großstadt. Palma ist zwar wesentlich kleiner als Berlin, aber da sind die Kakerlaken so groß, dass man vorsichtshalber grüßt.

Gibt es noch mehr, das für Sie typisch deutsch ist?

Deutschland ist außerdem untrennbar mit Bürokratie verbunden. Selbst das Feiern hat bürokratische Züge. Die Deutschen fahren an den Ballermann, wo Party und Alkohol zum Pflichtprogramm gehören. Sie sind auf gute Laune und gute Stimmung eingestellt und bekommen zusätzlich noch deutsche Künstler geboten. Wer es sich leicht machen und einfach nur feiern will, fliegt nach Malle.

Sie haben ja mal Erzieher gelernt. Können Sie etwas aus Ihrem alten Beruf auf Ihren jetzigen übertragen?

Die Zielgruppe ist geblieben. Ich habe damals ja auch noch eine weitere Ausbildung zum Textilveredler gemacht. Da habe ich schon früh gelernt, dass man sich nicht immer nur die Rosinen rauspicken kann. Arbeit bedeutet auch, unangenehme Dinge zu erledigen. Ich mache mir immer wieder klar, dass es Menschen gibt, die keinen Spaß an ihrer Arbeit haben – trotzdem muss am Ende des Monats das Geld auf dem Konto sein, um die Familie zu ernähren. Deshalb habe ich unheimlich viel Spaß an meinem Job. Und wenn ich bestätigt werde, dass meine Show mit zu den besten in Deutschland gehört, macht mich das natürlich stolz und gibt mir den Grund, weiterzumachen.

Warum können Sie Ihren Erfolg schon so lange halten?

Mein Erfolg besteht ein bisschen darin, dass ich mich nicht nur auf die Bühne stelle und singe, sondern dass ich zusätzlich auch Comedyelemente mit einbringe. Das heißt: Zu jedem Song gibt es eine humoristische Moderation. Das ist natürlich etwas anderes, als wenn sich ein Jürgen Drews oder Michael Wendler auf die Bühne stellen. Außerdem bin ich meiner Figur immer treu geblieben und habe nie versucht, anderen Produzenten und Komponisten gerecht zu werden. Das ist leider bei anderen nicht immer so. Dadurch ist das Segment an Unterhaltungskünstlern viel zu breit geworden. Ich lege sehr großen Wert darauf, singen zu können, was aber nicht Voraussetzung ist, um Partymusiker zu werden. Das beweisen 90 Prozent meiner Kollegen, die nicht singen können.

Es geht in Ihren Titeln ab und an recht derb zu. Wie wichtig sind Zoten für Ihren Erfolg?

Zoten sind nicht ganz unwichtig. Das beweisen erfolgreiche Hits wie die Friseusen, „Geh doch zu Hause du alte Scheiße“ oder „Zeig doch mal die Möpse“. Selbst „Schatzi, schenk mir ein Foto“ ist ja recht zotenreich – wenn auch eher zwischen den Zeilen.

Sie haben ja auch gesagt, der Song funktioniert sogar in Bayern. Was ist so besonders daran?

Hinter „Schatzi“ steckte kein geplanter Imagewechsel, die Kompatibilität kam von ganz allein. Mit dem Titel haben sich Türen für mich geöffnet, die viele Jahre verschlossen waren. Da landet man dann auf einmal bei Florian Silbereisen oder Wetten dass. Das ist  natürlich mit Titeln wie „Jan Pillemann Otze“ oder „Finger im Po Mexiko“ ein bisschen schwieriger. Natürlich ist es nicht einfach, jedes Jahr einen Titel wie „Schatzi“ zu finden und den über 150.000 Mal zu verkaufen. Aber ich habe auch kein Problem damit, wenn meine Auftragslage mal ein bisschen weniger wird.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Krause.

 

Interview: Lilian Schmitz

Mickie Krause gehört seit mehr als zehn Jahren zu den festen Größen des deutschen Partywesens. Ob in den warmen Monaten auf Mallorca, oder in der kühleren Jahreszeit auf den Aprés-Ski-Partys: Mit Songs wie „Zehn nackte Friseusen“, „Geh doch zu Hause, du alte Scheiße“ oder „Finger im Po, Mexiko“ ist er eine Institution zeitgenössischer Unterhaltungsmusik. Im vergangenen Jahr bekam Krause, der mit bürgerlichem Namen Michael Engels heißt, eine goldene Schallplatte für mehr als 150.000 verkaufte Einheiten des Titels „Schatzi, schenk mir ein Foto“.


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