So wird man offiziell deutsch

Mit fünfzehn richtigen Antworten kann man Millionär werden. Und mit siebzehn Deutscher. Seit 2008 gehört auch ein Einbürgerungstest zu den türöffnende Formalitäten auf dem Weg hinein ins Innerste unserer ach so toleranten Gesellschaft – der deutschen Staatsbürgerschaft.

Der Test gilt für alle und jeden. Es sei denn, man kam bereits in den Genuss deutscher Schulbildung (mit Abschluss versteht sich), oder erblickte auf deutschem Boden das Licht der Welt. Da lohnt sich doch die Reise. Doch ob deutscher Boden sicherstellen kann, das hiesige politische System in sich aufzunehmen, darf bezweifelt werden. Eine zumindest fragwürdige Ausnahmeregelung in einem ohnehin teils absurd anmutenden Verfahren.

Doch man hat sich damit abgefunden. Offenbar überstrahlt die Erleichterung über ein funktionierendes, ja sogar bundeseinheitlich funktionierendes Verfahren die Frage nach Sinn und Zweck. Und mit der politischen Diskussion um den Doppelpass ist der Test ohnehin aus dem Fokus geraten. Taugt auch besser zum Aufreger als der harmlose Führerschein fürs Deutschsein.

Deutschland ist nicht das einzige Land, in dem das „Wer wird Millionär“-Prinzip über die Staatsbürgerschaft mitentscheidet. Auch Australien, Kanada, Österreich, Holland, die Schweiz und Dänemark nutzen dieses Verfahren. Pro Versuch kostet der Spaß 25 Euro. Anders als die Führerscheinprüfung kann man ihn so oft wiederholen wie man mag und muss bei mehrmaligem Scheitern nicht zum Gesinnungstest.

Unser Regisseur Christian Heynen war neugierig. Wie fühlt sich das an, diesen Test zu machen? An einem Samstagvormittag startete er zum Selbstversuch und fand sich früh morgens im Prüfungsraum ein.

In einem muffigen alten Volkshochschulsaal kreuzen sich nun die Aspiranten zur neuen Staatsbürgerschaft. Für alles brauchen die Deutschen einen Stempel, ein Zertifikat, einen Eignungstest. Aber wie viel sagen die paar Fragen wirklich darüber aus, ob jemand Staatsbürger werden möchte, sollte oder darf? Wo beginnt das Deutschsein für die Menschen, die hier Steuern zahlen, zum Sozialleben beitragen und doch an den entscheidenden Stellen nicht mitentscheiden können, weil sie noch ein paar Kreuze vom richtigen Pass trennen?

Geht es wirklich darum, zu beweisen, dass man die Verkehrsregeln unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung kennt, als wäre es eine Fahrprüfung? Oder belohnt der Staat die Disziplin all derer, die sich die Mühe machen, 300 Fragen samt Antwort auswendig zu lernen? Vielleicht ist das ja die Antwort auf die Frage, die uns hier ohnehin beschäftigt: "Auswendiglernen ist typisch deutsch".

Testen Sie selbst, wie viel guter, deutscher Staatsbürger in Ihnen steckt.



Und? Ist dieser Test angebracht oder hindert er vielleicht sogar eine Art „Sich-willkommen-fühlen“ in Deutschland?  Frau Merkel und Herr Pofalla sind übrigens der Meinung, dass Menschen sich mit dem Land in dem sie leben wollen, auseinandersetzen müssen. Das wäre schließlich nicht zu viel verlangt.

SPD-Politiker Kurt Beck indes meint, ein solcher Test "hat bei Pilawa und anderen Quizsendungen seinen Platz". Ansonsten solle man das lassen. Und CDUler Roland Koch sprach seinerzeit davon, dass es die deutsche Staatsbürgerschaft nicht zum Nulltarif geben sollte und war einer der hartnäckigsten Vertreter der bundesweiten Einführung des Tests.

Zusätzlich zum Polit-Quiz müssen auch ein mindestens achtjähriger Aufenthalt, sicherer Unterhalt und die Bekenntnis zur Verfassung nachweisbar sein. Außerdem muss per Sprachtest - der sicher die größere Hürde darstellt und außerdem die höhere Alltagsrelevanz besitzt - bestanden werden.

Die große Frage lautet jedoch: Wo findet Integration eigentlich statt? Und wie sehen es eigentlich die "Betroffenen" selbst? Bei seinem Test hat Christian Rasol kennengelernt. Er will ein typisch deutscher Thomas Müller werden. Ob ihm der Test dabei hilft?

Die Antwort gibt es ab dem 20. März im Kino.

 

Text: Liza Georgy

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